17.Dezember 2025

Das Leben nach dem Absturz: Wie heilsam Humor und Menschlichkeit sein können

Im Interview mit Gilbert Kohlhuber, einem 32-jährigen Bergretter, der bei einem Einsatz sein eigenes Leben riskierte, um das eines Kindes zu retten.

Es gibt Geschichten, die den Atem anhalten lassen – und die daran erinnern, wie zerbrechlich, aber auch wie stark das Leben sein kann. Eine solche Geschichte ist die von Gilbert Kohlhuber, einem 32-jährigen Bergretter, der bei einem Einsatz sein eigenes Leben riskierte, um das eines Kindes zu retten. Der Junge überlebte dank Gilberts beherztem Eingreifen – doch Gilbert selbst blieb nach dem Sturz querschnittsgelähmt.

Was wie das Ende eines aktiven, erfüllten Lebens hätte erscheinen können, wurde für ihn zu einem neuen Anfang. Mit beeindruckender Stärke und unerschütterlichem Lebensmut kämpfte sich Gilbert zurück – getragen von seiner Familie, seinen Freunden und denen, die ihm in einer der schwersten Phasen seines Lebens ein Lächeln schenkten: den ROTE NASEN Clowns.

Als Gilbert im Krankenhaus auf Clown Guido traf, war das kein gewöhnlicher Besuch. Es war ein Moment, der etwas in ihm veränderte. Für einen Augenblick trat der Schmerz in den Hintergrund, das Spital wurde zum Ort der Leichtigkeit. „Wenn die Clowns kommen, ist das wie eine kleine Auszeit“, sagt er.

Gilberts Geschichte ist eine, die Mut macht – und die zeigt, wie viel Kraft in Humor, Menschlichkeit und einer roten Nase stecken kann. In diesem bewegenden Gespräch erzählt er von seinem Unfall, seinem Weg zurück ins Leben und warum er den Clowns und all jenen, die ihre Arbeit ermöglichen, von Herzen dankbar ist. 

 

Das gesamte Gespräch gibt es als Video direkt unter dem Text.

Wie ist denn dein Unfall passiert? Möchtest du deine Geschichte mit uns teilen?

Ja gerne, das war am 14. Juni 2023. Ein siebenjähriger Bub war in einer Felswand in einer Notsituation. Da ich bei der Bergrettung bin, bin ich hinaufgeklettert, um ihm zu helfen, damit er nicht abstürzt – es war wirklich Gefahr im Verzug. Wir sind dann wegen eines Seilüberschlags aus etwa acht Metern Höhe abgestürzt. Im Fallen konnte ich den Buben noch erwischen und ihn an meinen Brustkorb drücken – wie ein Baby –, damit er den Sturz überlebt.

Ich wusste in dem Moment einfach nur, dass ich handeln muss. Der Bub war mit einer Bandschlinge zu mir gesichert. Mit der linken Hand habe ich ihn gehalten – er war sieben Jahre alt, zart gebaut. Der Boden unter uns war voller Steine und Wurzeln. Wenn er neben oder unter mir aufgeschlagen wäre, hätte er das wohl nicht überlebt. Ich konnte ihn nur mit der linken Hand erwischen, zum Brustkorb herziehen, mit der rechten Hand umschließen – und dann einfach versuchen, den Sturz so gut es geht abzufedern. Das ist mir Gott sei Dank gelungen. 

Als ich den Buben sicher hatte, musste ich schauen, wie ich mich selbst schütze. Ich habe alle Muskeln angespannt, den Kopf eingezogen – und dann kam der Aufprall. Ich spürte ein Knacken und Brennen, aber zunächst keinen schlimmen Schmerz. Ich hatte keine Ahnung, dass ich mir drei Halswirbel gebrochen hatte. Durch den Aufprall mit dem Hinterkopf war ich die ersten zehn Minuten blind, weil die Sehrinde verletzt wurde. Zusätzlich habe ich mir drei Lendenwirbel und zwei Brustwirbel gebrochen sowie zahlreiche andere Verletzungen erlitten. Der Bub war zum Glück nur leicht verletzt – und das war das Wichtigste. Seitdem bin ich auf den Rollstuhl angewiesen und habe eine Querschnittslähmung ab den Schultern.

Wie hat die Rettungskette funktioniert?

Die war perfekt. Zehn Minuten nach der Alarmierung war die Rettung da, zwei Minuten später meine Kameraden von der Bergrettung, und nach fünfzehn Minuten schon der Hubschrauber. Der Abtransport erfolgte über den Waldweg. Durch meine Verletzung war das alles natürlich schwierig, aber sie haben das großartig gemacht.

Als mich Zeugen gleich nach dem Sturz fragten, wie es mir geht, sagte ich: „Ich spüre meine Füße nicht mehr.“ Sie alarmierten die Rettung. Ich gab am Telefon noch durch, wo wir uns befanden. Diese zehn Minuten bis zum Eintreffen der Rettung kamen mir ewig vor. Meine Finger wurden taub, das Atmen viel mir schwerer, alles fühlte sich zunehmend taub an.

Da wusste ich: Das ist eine Wirbelverletzung, vielleicht das Rückenmark. Mir war bewusst, jeder Millimeter kann jetzt über Leben oder Tod entscheiden. Ich sagte zu allen: „Egal, was ihr macht – greift mich nicht an!“ Dann kam die Rettung. Die Notfallsanitäterin hat mir das Leben gerettet. Ich sagte ihr, dass ich ab dem Hals nichts mehr spüre. Sie hat mir sofort die Halswirbelsäulenschiene angelegt. Ab dem Moment war meine Angst weg.

Der Abtransport war ein Musterbeispiel. Über den steilen Waldweg haben sie mich getragen, als wäre ich auf Federn gelegen. Ich hatte keine Angst, es war ruhig, professionell. Das verdanke ich der Rettung, der Bergrettung und der Hubschrauberbesatzung.

Mich haben sie im Hubschrauber sediert, weil ich zunehmend schwerer Luft bekam – durch die Lähmung und die vielen Verletzungen. Das war an einem Mittwoch. Ich wurde noch am selben Tag notoperiert und im Genick fixiert. Am Sonntag wachte ich auf der Intensivstation auf.

Das war die schlimmste Zeit – vor allem für meine Angehörigen. Sie wussten tagelang nicht, ob ich überlebe, und falls ja, ob ich wieder aufwache, ob ich mich bewegen kann, ob ich geistig fit bin. Diese Ungewissheit war für sie die härteste Prüfung überhaupt.

Wie lange warst du dann im Spital?

Insgesamt zehn Monate. Eineinhalb Monate auf der Intensivstation, danach eineinhalb Monate auf der Neurologie und anschließend sieben Monate auf Reha.

Wann hast du zum ersten Mal von den ROTE NASEN Clowns gehört oder sie erlebt?

Vom Hörensagen kannte ich sie schon, hatte aber nie persönlichen Kontakt. Dann war ich im April 2025 in Klagenfurt auf der Palliativstation zur Schmerztherapie – und dort durfte ich Clown Guido kennenlernen. Das hat mir echt die Augen geöffnet. Ich fand es unglaublich schön und bewegend, mit welchem Herzblut, welcher Liebe und welchem Humor dort gearbeitet wird. Wenn man das nicht selbst erlebt, kann man es kaum glauben. Es war wirklich sehr schön.

Welche Eigenschaften verbindest du mit den Clowns – oder speziell mit Guido, den du ja kennengelernt hast?

Im Krankenhaus leisten Pflegepersonal, Therapeuten und Ärzte unglaublich viel, aber trotzdem ist niemand gerne dort. Man hat Schmerzen, es geht einem physisch und psychisch nicht gut – es ist eben kein Zuhause. Wenn dann der Guido oder ein anderer Clown hereinkommt, ist das wie eine kleine, aber doch große Auszeit.

Sie bringen Lockerheit, Spaß und Freude. Man kann die Sorgen kurz ausblenden und zehrt auch danach noch davon. Ich würde mich wirklich freuen, wenn ich Guido oder einen anderen Clown wiedersehen dürfte, falls ich einmal wieder ins Krankenhaus muss.

Nimmst du dir von den Clowns auch etwas mit?

Ja, auf jeden Fall eine gewisse Lockerheit. Es ist eh alles schlimm genug, wie es ist, aber man kann vieles mit ein bisschen Humor und einem Lächeln leichter nehmen. Lachen schüttet Endorphine aus, das ist wissenschaftlich belegt – und das Leben wird dadurch einfach leichter.

Wie schaffst du es, diese positive Einstellung zu bewahren? Was ist dein Geheimnis?

Mein „Geheimnis“ ist eigentlich gar keines. Nach dem Unfall ging es mir natürlich sowohl körperlich als auch seelisch schlecht. Aber ich hatte so viele Menschen, die mich unterstützt haben – meine Familie, meine Eltern, meine Schwester, Freunde, meine Kameraden von der Bergrettung. Sie alle haben mich gepusht. Auch die Ärzte, das Pflegepersonal, die Therapeuten – ich habe so viel positive Energie bekommen, und das bis heute. Dazu kommen, wie gesagt, auch die Clowns. Insgesamt passt einfach das ganze Paket.

Es war sicher die schlimmste Zeit meines Lebens, körperlich und psychisch, aber menschlich eine der schönsten. Man wird geerdeter, dankbarer, man schätzt die kleinen Dinge – den Regen, die frische Luft danach. Man erkennt, wie gut es uns eigentlich geht, und dass man gar nicht viel braucht, um glücklich zu sein. Clown Guido zeigt genau das: Mit ein paar Scherzen und seiner Ausstrahlung kann man aus wenig ganz viel machen. Das ist viel wertvoller als Geld oder andere Dinge, die in unserer Gesellschaft oft so wichtig erscheinen.

Deshalb sage ich einfach: Danke, dass es euch gibt. Viele Menschen wissen das zu schätzen, und für mich ist es eine Ehre, das auch einmal zurückzugeben und danke zu sagen.

Was würdest du daher gerne unseren Spenderinnen und Spendern sagen?

Ich würde ihnen sagen: Wenn ihr die Gelegenheit habt, schaut euch die Clowns einmal im Krankenhaus an. Viele wissen gar nicht, was da sonst noch alles dahintersteckt – Organisation, Büroarbeit, Spendeneinteilung, Social Media.

Man sieht nur die Clowns, aber nicht die ganze Arbeit, die dahinter passiert. An die Spenderinnen und Spender: Schätzt das bitte wert! Auch ein kleiner Beitrag hilft so vielen Menschen – von Jung bis Alt. Ihr ermöglicht kleine und große Auszeiten im Krankenhausalltag. Mit wenig Geld könnt ihr wirklich Großes bewirken. Dafür sage ich danke – im Namen von uns allen, deren Alltag ihr damit ein Stück heller macht.

Möchtest du noch etwas hinzufügen?

Ich habe das alles nur dank meiner Familie, meiner Freunde und meines Umfelds geschafft. Sie haben mich getragen, motiviert, aufgebaut. Viele fragen mich, warum ich heute so positiv bin. Natürlich gibt es auch schlechte Tage, das ist normal – aber das Positive überwiegt klar.

Mein soziales Umfeld, die Menschen, die seit dem Krankenhaus an meiner Seite sind, haben mich zu dem gemacht, der ich jetzt bin. Dafür kann ich nur Danke sagen – an alle, die für mich da waren und es noch immer sind.

Und deswegen geht’s weiter. Ich bin motiviert, mache Fortschritte, die niemand erwartet hat. Die Forschung bleibt nicht stehen, und ich bin mir sicher – irgendwann stehe ich wieder auf dem Berg. Und dann nehme ich Clown Guido mit.

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Dankeschön für das berührende Interview!

Nun sind Sie am Zug: Mit einem kleinen Beitrag können Sie Großes bewirken und den Alltag von pflegebedürftigen Menschen erleichtern und etwas heller machen. Helfen Sie gleich mit und unterstützen Sie uns, damit wir gerade rund um Weihnachten Freude und Leichtigkeit zu kleinen und großen Patientinnen und Patienten ins Spital bringen können.

Find out more about our clowns!

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